Unser Fazit zum Haushalt 2022

Sehr ausführlich wurde in den Fachausschüssen und auch in unseren Fraktionssitzungen über den Haushaltsplanentwurf und die dazu gestellten Anträge diskutiert. Unser Dank gilt der Verwaltung für die ausgezeichnete Aufbereitung aller Informationen, die es uns ermöglicht hat, dieses umfassende Zahlenwerk detailliert zu besprechen.

Auch unsere Fraktion hatte einige Anträge zum Haushalt 2022 gestellt. In diesem Artikel findet ihr die Übersicht sowie die Beschlussfassung zu diesen Anträgen.

Wir freuen uns über die Unterstützung für die Planung einer dritten Jugendeinrichtung sowie für Verler Kunstschaffende, die auf unsere Initiative hin im Haushaltsplan 2022 verankert wurde. In den Diskussionen der Fachausschüsse mussten wir allerdings auch feststellen, dass einige für uns sehr wesentliche Aspekte, vor allem im Hinblick auf den Klimaschutz, die Stadtentwicklung und die Mobilitätswende, aus Sicht unserer Fraktion nicht hinreichend berücksichtigt werden mit dem vorgelegten Haushalt.

Aus diesem Grund haben wir in der Ratssitzung am 21.12.2021 den Haushaltsplan für 2022 abgelehnt. Unser Fraktionsvorsitzender Johannes Wilke führte in seiner Rede wesentliche Schwerpunkte unserer Politik auf und begründete unsere Entscheidung.

Den gesamten Text der Rede findet ihr nachfolgend.

Haushaltsrede der Fraktion Bündnis90/Die Grünen 2022

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen des Rates,

meine Damen und Herren!

Wir, die Grünen in Verl, freuen uns besonders, dass unsere Partei nach dem Zuwachs bei der Kommunalwahl 2020 in Verl jetzt auch in der Bundesregierung vertreten ist. 

Wir wollen eine sozialökologische Wende – das heißt: vollständig auf saubere Energien umsteigen, mehr in den grünen Verkehrsumbau investieren und Deutschland zu einem Vorreiter in Sachen Klimaschutz machen. Dafür werden wir Grüne auch in Verl kämpfen, nicht zuletzt auch für mehr soziale Gerechtigkeit.

Ein wichtiges Zukunftsthema wird die Verknüpfung von Mobilität und Klimaschutz sein. Unser Antrag zur Bewerbung von Verl um die Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte (AGFS) war am 11.07.2018 vom Rat der Stadt Verl einstimmig beschlossen worden. Nach über drei Jahren ohne konkretes Ergebnis steht fest: Allein um die Aufnahmekriterien zu erfüllen, muss in Zukunft noch entschieden mehr für Radfahrer und Fußgänger in Verl getan werden. 

Die von unserer Fraktion bereits 2019 beantragte Einrichtung der St.-Anna-Straße als Fahrradstraße hat bis heute bei der CDU ebenso wenig Zustimmung gefunden wie unser Antrag aus dem Jahr 2017 zu einem Radschnellweg Verl-Gütersloh. Ein ähnlicher Antrag, den die SPD aktuell zum Haushalt gestellt hat und den wir Grüne gerne unterstützt haben, ist ebenfalls abgelehnt worden.

Der Hinweis aus den Reihen der Mehrheitsfraktion, es gäbe doch schon einen guten Radweg von Verl nach Gütersloh über den Westfalenweg und die Determeyer-Siedlung, zeigt überdeutlich, dass man gar nicht verstanden hat, worum es bei der Einrichtung von Radschnellwegen geht. 

Solch rückwärtsgewandtes Denken blockiert die Zukunftsfähigkeit von Verl. Anscheinend will oder kann man in der CDU nicht umdenken. Dabei ist es höchste Zeit, sich von der jahrzehntelangen Bevorzugung des motorisierten Verkehrs zu verabschieden und andere Prioritäten zu setzen. 

Nur ein Beispiel: Das Fahrrad ist nicht bloß ein Verkehrsmittel, sondern ein Vehikel der gesellschaftlichen Innovation. Es hat großes Potenzial, das Leben in unserer Stadt entscheidend zu verändern. Allerdings muss man hierzu die Voraussetzungen schaffen – das heißt im Klartext: den Rad- und Fußgängerverkehr stärken und verbessern, um auch in Verl zukunftsfähig zu werden.

Mehr Mut zur Zukunftsorientierung ist ebenso notwendig hinsichtlich der Verler Grünflächen. Unsere Fraktion hat zum Haushalt 2022 beantragt, ein Grünflächenkonzept erstellen zu lassen, welches die Grünflächenanalyse des Büros Morbach/Wermeyer in konkretes Handeln umsetzt, besonders im Hinblick auf künftige Maßnahmen und Kosten wie z.B.:

  • Erstens: Weiterentwicklung und Herstellung von neuen Grünflächen;
  • Zweitens: Grün- bzw. Biotopvernetzung von Grünflächen, Freiräumen und Gärten;
  • Drittens: Begrünung von Dächern und Fassaden (z. B. Auflegung eines Förderprogramms);
  • Viertens: Beteiligung und Mitwirkung von Verler Bürgerinnen und Bürgern, beispielsweise durch Übernahme von Patenschaften für öffentliche Beete;
  • und vieles andere mehr.

All dies ist im zuständigen Fachausschuss mehrheitlich abgelehnt worden. Anscheinend hat man überhaupt nicht verstanden, dass es gerade auch beim Thema Grünflächen um die Zukunft Verls und unser aller Wohl geht.

Um die vom Rat der Stadt Verl am 30.06.2020 beschlossene Klimaneutralität in Verl bis spätestens 2050 zu erreichen, hat unsere Fraktion zusammen mit der SPD beantragt, das erfolgreiche Förderprogramm Solarenergie um ein weiteres Jahr zu verlängern. Immerhin sind bisher auf mehr als 90% der Verler Dächer noch keine Solaranlagen installiert.

Dieser zukunftsorientierte Antrag von Grünen und SPD zur Förderung der Solarenergie ist leider mehrheitlich abgelehnt worden. Eine solche Haltung mutet willkürlich an und ist schlicht nicht nachvollziehbar. Eines steht jedoch fest: Reine Lippenbekenntnisse zum Klimaschutz reichen nicht aus, um insbesondere der jungen Generation eine bessere Zukunftsperspektive zu bieten. 

Für die Verler Jugend hat unsere Fraktion zum Haushalt 2022 beantragt, Planungskosten für ein drittes Jugendhaus einzustellen. Vor allem für junge Erwachsene und Jugendliche ab ca. 12 Jahren besteht Bedarf für eine solche Jugendeinrichtung als Treffpunkt.

Wir freuen uns daher, dass unser Antrag einhellige Zustimmung bei allen Fraktionen gefunden hat. Dafür ganz herzlichen Dank!

Ebenso freuen wir uns sehr, dass es im Rathaus zukünftig eine Beauftragte oder einen Beauftragten für Menschen mit Behinderungen geben wird, und zwar auf unsere Initiative hin. Wir danken insbesondere dem Bürgermeister, dass er diesen Weg mit uns gehen möchte.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die zukünftige Stadtentwicklung in Verl. Spätestens mit Reaktivierung der TWE im Jahre 2025 wird der Marktplatz in Verl völlig umgestaltet sein. Der hierzu gefasste Ratsbeschluss geht davon aus, den Marktplatz  (Zitat) „vollkommen neu zu denken und als zentralen Dreh- und Angelpunkt zu etablieren“. Von einer (Zitat) „neuen städtebauliche Mitte“ ist gar die Rede. 

Dies klingt zunächst gut, ist gleichzeitig aber auch eine städtebauliche Provokation in Bezug auf die „alte Mitte“!

Was soll denn bitte aus dem historischen Ortskern – der „alten Mitte“ Verls – in Zukunft und auf Dauer werden? Diese Frage beunruhigt viele Verlerinnen und Verler. 

Denn wenn wir am Verler Marktplatz ausdrücklich eine „neue Mitte“ wollen, so dürfen wir die „alte Mitte“ Verls mit ihren Problemen nicht sich selbst überlassen! Zukunftsträchtig wäre es, ein städtebauliches Konzept gleichen Formats und gleicher Entschlusskraft wie am Marktplatz in Auftrag zu geben.

Andernfalls droht eine Auszehrung und Entwertung dieses so geschichtsträchtigen Quartiers, dem Verl seine Entstehung verdankt. Befürchtet werden muss z.B. eine weitere Zunahme von Leerständen. Deshalb machen wir Grüne – und nicht nur wir – uns große Sorgen um die „alte Mitte“. Schnelles Handeln ist angesagt, nicht längeres Zuwarten!

Sehr am Herzen liegt uns auch die Zukunft der Dorfmühle, eines der ältesten noch erhaltenen Gebäude in Verl. Wir werden es nicht zulassen, dass durch einen unförmigen Anbau möglicherweise alle Maßstäbe von Denkmalpflege, Ästhetik und Baukultur gesprengt werden. Eingebettet in die einzigartige Umgebung der Ölbachaue, verdient die Dorfmühle zu allererst unseren Respekt und Schutz, bevor wir Hand an sie legen. 

Mit der Dorfmühle identifizieren sich Verler Bürgerinnen und Bürger in starkem Maße. Folglich besteht eine großartige Chance, diesen vertrauten, inzwischen etwas vernachlässigten Ort aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken und für alle Verlerinnen und Verler mit neuem Leben zu erfüllen.

Wir Grüne engagieren uns auch für die Förderung von Verler Kunstschaffenden. Dass auf unseren Antrag hin Künstlerinnen und Künstler in Zukunft mehr Möglichkeiten zur Präsentation ihres Schaffens haben, freut uns sehr.

Für die kommenden Aufgaben sichere ich gerne die sachorientierte Zusammenarbeit unserer Fraktion mit Rat, Verwaltung und dem Bürgermeister zu.

Allerdings wird die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den Haushalt 2022 ablehnen, da sowohl Belange des Klimaschutzes, der Stadtentwicklung und der Mobilitätswende nicht hinreichend berücksichtigt sind.

Zukunftsorientierte Politik für Verl sieht anders aus – mehr Fortschritt wagen. 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!“

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