Antrag der Grünen: Mehr Sicherheit für Fußgänger durch Zebrastreifen in Verl

In ganz Verl gibt es derzeit nur einen einzigen Zebrastreifen!

In der Ratssitzung am 20.03.2018 hat die Fraktion der Verler Grünen den folgenden Antrag in den Rat eingebracht:

Antrag:
Die Stadt Verl möge prüfen, inwieweit vermehrt Fußgängerüberwege („Zebrastreifen“) im Stadtgebiet eingesetzt werden können. Als Stellen, an denen dies sinnvoll und vordringlich erscheint, kommen – zum Beispiel – in Betracht: Paderborner Straße in Höhe der Poststraße bzw. des Florianwegs, Bahnhofstraße in Höhe des Marktcenters, Gütersloher Straße in Höhe des Nettomarkts, Österwieher Straße in Höhe des SB-Centers, Westring in Höhe des Westfalenwegs sowie außerdem an allen Zu- und Ausfahrten des Kaunitzer Kreisels.

Begründung:
In den bereits 2002 erschienenen „Empfehlungen zum Einsatz und zur Gestaltung von Fußgängerüberwegen“ schrieb der nordrhein-westfälische Verkehrsminister: „Fußgängerüberwege (‚Zebrastreifen‘) werden viel zu selten eingesetzt.“ http://www.fussverkehr.de/fileadmin/pdf/Empfehlungen_Ueberwege.pdf Ein Paradebeispiel für diese, durch einen landesweiten Modellversuch auch verkehrswissenschaftlich untermauerte Aussage ist die Situation hier in Verl: Im gesamten Stadtgebiet gibt es bis heute nur einen einzigen Zebrastreifen, und zwar auf der Waldstraße zwischen Parkplatz und Werksgelände der Firma Nobilia. Noch seltener geht nicht, es besteht ein offensichtlicher Nachholbedarf.

Eine der wichtigsten Aufgaben der Stadt Verl als örtlich zuständige Straßenverkehrsbehörde ist die Sicherung des Fußgängers beim Überqueren der Fahrbahn. Hierzu führt ein spezieller Ministerieller Runderlass aus, „dass ein angstfreies Überqueren der Fahrbahn zu gewährleisten ist“ – und zwar besonders mit Blick auf Kinder, ältere Menschen und mobilitätseingeschränkte Personen (siehe Anlage 1). In diesem Zusammenhang spielen Zebrastreifen eine wichtige Rolle. Denn sie bieten eine eindeutige, fußverkehrsfreundliche Vorrangregelung mit zumeist kürzeren Wartezeiten gegenüber lichtsignalgeregelten Übergängen. Zebrastreifen verursachen außerdem sehr viel niedrigere Kosten als Lichtsignalanlagen, und zwar sowohl in der Anschaffung als auch in der Wartung.

Die weitverbreitete Ansicht, dass Zebrastreifen nicht sicher genug seien, ist aus fachlicher Sicht nicht zu halten. Unfalluntersuchungen belegen keine Unfallhäufungen an Zebrastreifen – im Gegenteil: Der Modellversuch in NRW legt eine völlig andere Bewertung nahe. http://www.fussverkehr.de/fileadmin/pdf/rund_fgue_nrw.pdf Auch eine vergleichende Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV), in der Hunderte von unterschiedlichen Querungsanlagen (Mittelinseln, Zebrastreifen mit und ohne Mittelinseln sowie Fußgängerampeln) untersucht wurden, kommt zu dem Fazit: Richtig geplante und gut ausgeführte Zebrastreifen bieten eine vergleichbare Sicherheit wie Fußgängerampeln (siehe https://udv.de/de/node/50817). An Ampeln sind die Unfälle sogar meist schwerer, weil sich die Fußgänger dort in mehr Sicherheit wiegen.

Bis 2002 wurde die Anlage von Zebrastreifen allerdings erschwert durch die strikte Anwendung der in den Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen (R-FGÜ 84) genannten Einsatzkriterien. Diese Kriterien – z.B. mindestens 100 Fußgänger pro Spitzenstunde und zwischen 300 und 600 Kfz (gemessen in der Spitzenstunde des Fußgängerverkehrs) – konnten oftmals nicht erfüllt werden. Daher wurden zum 01.01.2002 neue Richtlinien (R-FGÜ 2001) eingeführt, die für den Einsatz von Zebrastreifen einen größeren Entscheidungsspielraum offen halten. Ausdrücklich weist der entsprechende Ministerielle Runderlass darauf hin, „dass Zebrastreifen auch unabhängig von den in den R-FGÜ genannten Einsatzgrenzen eingesetzt werden können“ (siehe Anlage 1). Diesen Spielraum auszunutzen und vermehrt sichere Überquerungsmöglichkeit zu schaffen, sollte auch in Verl ein anzustrebendes Ziel sein – und zwar besonders mit Blick auf Kinder, ältere Menschen und mobilitätseingeschränkte Personen.

Eine wesentliche Unterstützung findet dieser Gedanke im „Gesamtkonzept Rad- und Fußgängerverkehr für die Stadt Verl“ (2015, S. 37), in dem es ausdrücklich heißt: „Im Einzelfall ist zu prüfen, ob die Mittelinseln innerorts zur Bevorrechtigung der Fußgänger zusätzlich durch ‚Zebrastreifen‘ ergänzt werden sollten.“ Mittelinseln erhöhen die Sicherheit von Zebrastreifen beträchtlich. Um eine zeitnahe wie kostengünstige Einrichtung von Zebrastreifen zu ermöglichen, beziehen sich unsere oben genannten Beispiele daher überwiegend auf Stellen, an denen Mittelinseln bereits vorhanden sind.

Die bevorstehende Anordnung von Tempo 30 in Teilbereichen der Ortsdurchfahrt erleichtert dort sicherlich das Überqueren der Straße, sie macht den Einsatz von Zebrastreifen jedoch nicht überflüssig. Denn Zebrastreifen können mit entsprechender Begründung – z.B. bei wichtigen Fußwegverbindungen, Kindergarten- oder Schulwegen und bei publikumsintensiven Institutionen (Rathaus) – unabhängig von den Einsatzgrenzen eingerichtet werden (vgl. R-FGÜ, 2.3). Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit wird dies z.B. vorbildlich an zwei Stellen auf der Brackweder Straße in Gütersloh-Friedrichsdorf praktiziert.

Hinsichtlich des Einsatzes von Zebrastreifen am Kaunitzer Kreisel gilt: Mittlerweile sind Zebrastreifen an innerörtlichen Kreisverkehren ein weitverbreiteter Standard, wie sich z.B. in Rietberg, Rietberg-Neuenkirchen („Kartoffelkreisel“) oder Steinhagen mustergültig beobachten lässt. Durch Zebrastreifen an Kreiseln wird die Sicherheit für nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer deutlich erhöht. Eine verwirrende und folglich unfallträchtige Rechtslage wird außerdem bereinigt.

Hierzu das „Merkblatt für die Anlage von Kreisverkehren“ (herausgegeben 2006 von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen): „Innerhalb bebauter Gebiete sollten die Überquerungsstellen als Fuß­gängerüberwege (‚Zebrastreifen‘) ausgebildet werden, um eine eindeutige und allgemein ver­ständliche Regelung des Vorrangs zu erzielen.“ Siehe Seite 14 des Merkblatts: http://www.geh-recht.info/planungsgrundlagen/40-planungsgrundlagen/planungsgrundlagen/119-pg-merkblatt-kreisverkehre-2006-kritische-auseinandersetzung.html

Selbst der ADAC, der sich als Autofahrer-Lobby eher selten für Fußgänger einsetzt, hat sich dieser Meinung angeschlossen: „Daher empfiehlt der ADAC, innerorts grundsätzlich an allen Zu- und Ausfahrten Fußgängerüberwege (Zebrastreifen) anzulegen.“ Siehe Seite 5 der ADAC-Broschüre „Der Kreisverkehr“ von 2014: https://www.adac.de/_mmm/pdf/rv_kreisverkehr_flyer_1214_27621.pdf

Es ist an der Zeit, auf die seit 2002 veränderte Rechtslage bezüglich Zebrastreifen nunmehr tatkräftig zu reagieren und um dadurch auch den folgenden Leitgedanken zu verwirklichen, der im Mittelpunkt des seinerzeit einstimmig verabschiedeten Städtebaulichen Rahmenplans der Stadt Verl steht (2013, S. 54): „Fußgängern und Radfahrern soll im Ortskern ein Vorrang eingeräumt werden.“